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Jewgeni Kasperski, Gründer und Generaldirektor von "Kaspersky Lab" - Charismatischer Virenjäger

Quelle: eKapija Montag, 21.09.2015. 16:08
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Jewgeni Kasperski (FotoYouTube/screenshot)Jewgeni Kasperski

Jewgeni Walentinowitsch Kaspersky, geboren 1965 in Noworossijsk am Schwarzen Meer. In den achtziger Jahren studierte er in Moskau Mathematik, später wurde er Programmierer im sowjetischen Verteidigungsministerium. Heute ist er Chef von Kaspersky Lab, einem der größten Hersteller von Anti-Viren-Software. Als die Sowjetunion zusammenbrach und er nach Investoren für seine Firma suchte, streifte Kaspersky seinen russischen Namen ab. "Jew-ge-ni", sagt er und zieht die Silben auseinander, "das konnte im Westen keiner aussprechen." Also benutzte er die englische Form von Jewgeni: Eugene.

Kaspersky ist heute Millionär, sieht aber aus wie ein Trucker. Seine Jeans sind bleich und ausgebeult, die Ärmel hochgekrempelt, die Wangen seit Tagen nicht rasiert. Brusthaar quillt aus dem aufgeknöpften Hemd. Als er noch zur Schule ging, gewann Kaspersky Mathewettbewerbe, als Student las er Aufsätze über Computerviren. 1989 – Kaspersky arbeitete damals im sowjetischen Verteidigungsministerium – begegnete er zum ersten Mal einer infizierten Datei. "Herbstlaub" hieß das Virus, es ließ die Buchstaben vom oberen Rand des Bildschirms herunterfallen, wie die welken Blätter eines Baumes. Kaspersky kopierte die Datei auf eine Diskette und versuchte sie zu entschlüsseln. Er wollte das Virus nicht loswerden, er wollte verstehen, wie es funktioniert.

"Damals waren Viren wie Graffiti", sagte Kaspersky in einem Interview. "Ärgerlich für den, an dessen Wand gesprüht wird, aber nicht weiter gefährlich für die Menschheit. Heute sind Viren Waffen. "Die ganze Welt wird von Computern gesteuert", unterstrich er.

Kaspersky muss das sagen, er lebt von der Angst seiner Kunden. Würden sie sich sicher fühlen, könnte er seine Software nicht verkaufen. Trotzdem ist seine Sorge mehr als Panikmache. Allein in Deutschland wurden 2013 Computerdaten von rund 16 Millionen Menschen gestohlen: Passwörter, E-Mail-Adressen, Kreditkartennummern. Unternehmen und sogar ganze Staaten wurden sabotiert. Polizeibehörden sprechen von "organisierter Cyberkriminalität".

2010 entschlüsselten Kryptologen aus Kasperskys Forscherteam den Computerwurm Stuxnet. Unbekannte hatten damit die Rechner iranischer Urananreicherungsanlagen ausspioniert und das Atomprogramm des Landes lahmgelegt. 2012 löschten Cyberkriminelle die Daten von mehr als 30.000 Rechnern des Unternehmens Saudi-Aramco, des größten Erdölkonzerns der Welt. 2013 schlichen sich südamerikanische Drogenbanden ins Computersystem des Überseehafens von Antwerpen und schleusten Container voller Koks am Zoll vorbei.

Die Auftraggeber der Hacker sind Mafiagruppen, global organisierte Trickbetrüger, aber auch Regierungen. "Geheimdienste agieren digital, die brauchen keine klassischen Spione mehr", sagt Kaspersky. "James Bond ist tot."

Für Computernutzer sind die Attacken aus dem Netz eine wachsende Gefahr. Für Kaspersky sind sie ein wachsendes Geschäft. 300 Millionen Menschen haben Kasperskys Anti-Viren-Software auf ihren Rechnern installiert. Die Atomenergiebehörde der Vereinten Nationen gehört zu seinen Kunden, das italienische Verteidigungsministerium, die Deutsche Flugsicherung. Der Umsatz von Kaspersky Lab ist seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1997 auf mehr als 660 Millionen Dollar gestiegen. Innerhalb weniger Jahre wurde aus dem Computernerd Jewgeni der Multimillionär Eugene. Das US-Magazin Forbes schätzte sein Vermögen auf 800 Millionen Dollar. Fragt man ihn, warum er Software-Unternehmer geworden sei, sagt er: "Ich will die Welt retten." Er klingt, als meine er das ernst.

Mitarbeiter beschreiben Kaspersky als Visionär, als genialen Programmierer, als kumpelhaften Chef, ruppig und ein bisschen durchgeknallt.

Kaspersky ist in dritter Ehe verheiratet, seine Frau und die vier Kinder sieht er selten, er ist fast immer unterwegs. In 75 Ländern ist er schon gewesen – Kaspersky führt darüber Buch. Manchmal bleibt er nur wenige Stunden in einem Land. "Wenn du’s richtig machst, fliegst du weiter, bevor der Jetlag dich erwischt", sagt er.

Kaspersky gehört zu den erfolgreichsten IT-Unternehmern der Welt, er spielt in einer Liga mit den Start-ups der amerikanischen Westküste. Aber neben den Kapuzenpulliträgern und College-Millionären aus dem Silicon Valley wirkt er wie ein Sonderling. Er ist kein Milchgesicht wie Mark Zuckerberg, er hat den Schädel eines Boxers. Ins Silicon Valley, dorthin, wo nicht nur Facebook und Google sitzen, sondern auch Kasperskys größte Konkurrenten McAfee und Symantec, hat es ihn nie gezogen. "Was soll ich da?", fragt er. "Die Programmierer sind nicht halb so gut wie in Russland und kosten doppelt so viel." In Russland lernen viele Kinder schon in der Schule programmieren. Trotzdem ist es kein Paradies für Software-Firmen. Russland ist das Land der Staatskonzerne, die Heimat von Gazprom und Rosneft. In Russland gute Geschäfte zu machen heißt vor allem: der Politik nicht in die Quere zu kommen.

Kaspersky sagt, er habe niemals Druck gespürt, mit den Mächtigen habe er nichts zu tun. "Ich habe Putin mal die Hand geschüttelt, mehr nicht", sagt er. Mit dem Geheimdienst arbeite er zusammen, das sei in seiner Branche normal. "Wenn wir gefährliche Viren entdecken und russische Rechner damit infiziert werden, melden wir das dem Geheimdienst und der russischen Polizei. Wenn deutsche Rechner befallen werden, melden wir das dem BKA – so wie andere Anti-Viren-Firmen auch", sagt er. Kundendaten aber habe er nie weitergereicht. Viren habe er immer nur abgewehrt, nie selbst entwickelt. "Ich mache einfach nur mein Business, Politik interessiert mich nicht", sagt Kaspersky.

Es gibt Menschen, die glauben ihm das nicht. In russischen Internetforen schreiben sie, Kaspersky speichere persönliche Daten seiner Kunden und leite sie an den Geheimdienst weiter. 2012 erschien im Technologiemagazin Wired ein Artikel, in dem Kaspersky vorgeworfen wird, Hand in Hand mit dem Kreml zu arbeiten. Das Magazin wählte ihn auf die Liste der "15 gefährlichsten Personen der Welt", neben dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Kaspersky weiß, wie man Militärhäfen und Atomkraftwerke mit Viren sabotieren kann. Ob er sein Wissen in den Dienst der Mächtigen stellt, darüber wird im Netz wild spekuliert. Bewiesen hat es ihm keiner.

Er selbst hält die Vorwürfe für "Stereotype aus dem Kalten Krieg". Sie erinnern ihn an die Neunziger, als er zum ersten Mal auf amerikanische Investoren traf. "Computertechnik vom Klassenfeind, das war den Amis suspekt", sagt Kaspersky. "Manche Leute haben damit offenbar bis heute ein Problem." Dabei sei er doch längst in der ganzen Welt zu Hause. Er mag London lieber als Moskau, Whisky lieber als Wodka. Selbst seine russischen Mitarbeiter nennen ihn Eugene. Doch für die, die ihm misstrauen, wird er wohl stets Jewgeni sein.

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